Nach Versand der Grundsteuerbescheide: Hintergründe zur Erhöhung und Senkung

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In diesen Wochen werden die Grundsteuerbescheide zugestellt. Für viele Bürgerinnen und Bürger bedeutet die Neuberechnung der Steuer mehr oder weniger große Unterschiede, für die einen in Richtung einer Verteuerung, für die anderen fällt die Steuer hingegen deutlich günstiger aus. Vom Gesetzgeber wie auch der Rechtsprechung, die die Neuberechnung ausgelöst und vorangetrieben haben, ist das gewollt. Den Städten und Gemeinden blieb dabei hingegen kaum Spielraum. Die meisten Kommunen haben sich in der Angelegenheit auf das Gebot der sogenannten Aufkommensneutralität konzentriert – so auch die Stadt Pfullingen. Die Neubemessung der Pfullinger Hebesätze, die der Gemeinderat Ende vergangenen Jahres beschlossen hat, fasste sich demnach zum Ziel, dass die Stadt im Gesamten mit etwa gleich viel Steuereinnahmen durch die Grundsteuer rechnen kann wie bislang. 

„Auch ich war erstaunt über die enormen Verschiebungen, die die Reform mit sich bringt. Die mit der Grundsteuerreform verbundenen Neufestsetzungen führen zu teilweise enormen Mehrbelastungen, die vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung so gewollt waren“, sagt Stefan Wörner. Tendenziell würden Einfamilienhäuser stärker belastet und Gewerbegrundstücke entlastet. Dies hänge am Bodenwertmodell, dass der Festsetzung des Grundsteuermessbetrages durch das Finanzamt zu Grunde liegt, so der Bürgermeister. „Von städtischer Seite haben wir keinerlei Einfluss auf die Bemessungsgrundlage. Wir waren allenfalls gehalten, das Grundsteueraufkommen aufkommensneutral zu halten, was wir bei der Festsetzung des Hebesatzes berücksichtigt haben.“

Das bedeutet allerdings nicht, dass sich für die einzelnen Steuerschuldner keine Mehrbelastungen ergeben. Im Gegenteil erleben viele Bürgerinnen und Bürger gerade teils enorme Verschiebungen. Manche Steuerpflichtige müssen mehr bezahlen als bisher, und andere wiederum weniger als bisher. Durch die Einführung des Bodenwertmodells in Baden-Württemberg ist der Bebauungszustand eines Grundstücks im Gegensatz zur bisherigen Bewertung künftig unbeachtlich. Es werden lediglich die Grundstücksgröße und der Bodenrichtwert zur Wertfeststellung herangezogen. Durch die veränderte Wertermittlung werden tendenziell Grundstücke, die in Wohnungseigentum aufgeteilt sind, Mehrfamilienhäuser sowie Grundstücke in Bodenrichtwertzonen mit geringen Bodenrichtwerten durch eine niedrigere Grundsteuer entlastet. Ein- und Zweifamilienhäuser, Grundstücke mit großer Grundstücksgröße und Grundstücke mit „Altbauten“ tragen zukünftig hingegen in der Regel eine höhere Grundsteuerlast als bisher.

Eine weitere spürbare Verschiebung der Grundsteuerlast findet außerdem von Gewerbe- und Industriegebieten hin zu Wohngebieten statt: Aufgrund der deutlichen niedrigeren Bodenrichtwerte in Gewerbe- und Industriegebieten wird die Grundsteuerlast in diesen Gebieten in der Regel deutlich sinken, was im Sinne der absoluten Aufkommensneutralität durch die Wohngebiete mit höheren Bodenrichtwerten kompensiert werden wird. Auch hier haben die Kommunen in Baden-Württemberg kaum einen Spielraum, da sich die Bodenrichtwerte, die von den unabhängigen Gutachterausschüssen festgelegt werden, an den tatsächlichen Verkaufspreisen der Grundstücke orientieren.

Mit der Einführung des Landesgrundsteuergesetzes wurde in Baden-Württemberg den Kommunen zudem die Möglichkeit eingeräumt, eine neue Grundsteuer C zur Veranlagung von bebaubaren, aber nicht bebauten Grundstücken zu erheben. „Von der Möglichkeit der Einführung dieser Grundsteuer C haben wir noch keinen Gebrauch gemacht. Ob diese eingeführt werden soll, wird in 2025 im Zuge der Evaluation des Handlungsfeldes Wohnen im Gemeinderat beraten“, kündigt Stefan Wörner an. Die Einführung könnte dann frühestens zum 1. Januar 2026 erfolgen.

Weitere Hintergründe zur neuen Grundsteuer gibt es unter
www.pfullingen.de/neuegrundsteuer